Leider konnten wir bei dem 1. Bürgerforum im BUS (Bürger- und Sozialzentrum Huchting), das am 29. Mai 2012 stattfand, nicht dabei sein. Somit konnten wir uns nur das 2. Bürgerforum, das gestern im BUS in Huchting, in der Ameersforter Straße stattfand, ansehen und anhören.
Eines muss man gleich vorweg nehmen:
Es war eine Emotional-Sachliche-Diskussion, wobei nicht nur wir, sondern auch die anderen Huchtinger einiges an Takt- und Feingefühl seitens der Politiker und der Behördenmitarbeiter vermissen ließ. Es war ein Abend bei dem die Huchtinger abermals erkennen konnten, das die Baubehörde, die Mitarbeiter der BSAG und auch der später erschienene Senator Lohse, nur eine Legitimation ihrer bis dato kaum kommunizierten Straßenbahnverlängerung der Linie 1 von den Huchtinger Bürgern wollen.
Da wir leider bei dem 1. Bürgerforum aus beruflichen Gründen nicht erscheinen konnten, war es uns diesmal möglich dem 2. Bürgerforum beizuwohnen, und dabei festzustellen, dass die Politik und auch Behördenmitarbeiter den Stadtteil nur vom Papier her kennen.
Wir kannten nicht einmal von der letzten Versammlung die Ergebnisse der Arbeiten der einzelnen Arbeitsgruppen und diese wurden uns auch nicht gleich vorgestellt. Die sollte man sich an den Wänden ansehen und separat durchlesen. Dafür sollten gleich wieder die fünf Arbeitsgruppen gebildet werden, um weiter die einzelnen Punkte und Bereiche in Huchting zu sprechen. Herr Polzin vom Bauressort erklärte abermals, und schon fast gebetsmühlenartig, das die KHL – Kirchhuchtinger Landstraße – nicht mehr im Auswahlverfahren der Streckenführung liegt. Zudem wiederholte er, dass sie den Auftrag der Politik(er) nur umsetzen würden. Nachdem auch einige Bürger noch einmal zu Wort kamen, wurde dabei auch schon Kritik laut: Viele waren nicht damit einverstanden, das einzelne Gruppen für verschiedene Bereiche (z. B. Trassenführung BTE, Führung der Straßenbahn über die Heinrich-Plett-Allee, Gestaltung des Huchtinger Marktplatzes, etc.) gebildet werden sollten, sondern das es im Gesamtgefüge zu betrachten wäre. Viele Bürger in Huchting interessiert nicht nur ein Teil der Verlängerung, sondern die ganze Thematik.
Oft kamen kritische Stimmen zu Wort, die den Behördenmitarbeiter sagten, das man die Argumente der Bürger nicht ernst nimmt, das dieses Bürgerforum eigentlich kein Bürgerforum sei, sondern ein von der Behörde gesteuertes Instrument, und das ein Bürgerforum auf den Bürger eingeht und auf dessen Sorgen und seine Argumente. Aber die Arbeitsgruppen seien ein Mittel, um die Huchtinger auseinander zu dividieren.
Mit wenig Begeisterung wurden diese Stimmen aufgenommen und auch Aussagen, die beim letzten Mal getätigt wurden, widerrufen oder als Falsch seitens der Behörden und Politik abgeschmettert. So gab es eine Äußerung von Herrn Bries, der wörtlich zitierte: Ich habe mit Herrn Eisenberg über die Linie 1 Verlängerung in dem letzten Bürgerforum gesprochen. Er meinte zu mir, die Linie 1 Verlängerung bräuchte er nicht. Die wäre nicht zwingend notwendig. Diese Aussage wurde gleich kassiert.
Ein Huchtinger teilte den Behördenmitarbeiter noch folgendes mit: Ich bin gelernter Kaufmann, aber die Berechnungen der Politiker habe ich nie verstanden!
Mit Erstaunen wurde festgestellt, dass die Webseite für die Verlängerung Süd seit 2010 nicht mehr aktualisiert wurde. Alle aktuellen Daten und Berichte gibt es nur auf der Webseite des Senators für Bau, Umwelt und Verkehr. Einen Link von der alten Webseite auf die aktualisierten Daten gibt es so nicht. Man hat sich dafür entschuldigt, aber warum müssen wir Bürger das mitteilen?
Dieser Schlagabtausch wurde dadurch unterbrochen, dass die Arbeitsgruppen bestückt werden sollten. Ein Huchtinger Bürger stellte den Antrag, dass man eine sechste Arbeitsgruppe einrichten sollte, nämlich eine Möglichkeit die KHL zu nutzen oder eine Null-Lösung. Der Antrag wurde einfach von Herrn Polzin abgelehnt, worauf sich Unmut breit machte. Nach einer kurzen Abstimmung wurde die Gruppe sechs gegründet. Diese Gruppe sechs ging nach draußen und das war die große Mehrheit der mehr als 150 Huchtinger Bürger. In den anderen Arbeitsgruppen herrschte fast gähnende Leere.
Die Gruppe sechs konnte ihre Ergebnisse innerhalb einer halben Stunde vorlegen und es wurde festgestellt, dass die Trassenführung über die KHL weiterhin auf Ablehnung seitens der Behörden stieß. Fazit der Gruppe sechs: Dann soll es keine Verlängerung der Linie 1 geben, wenn diese Trassenführung nicht noch einmal geprüft wird.
Festzustellen war, dass die Behördenmitarbeiter nicht wirklich ein großes Interesse an den Ideen der Bürger hatten. Dies wurde auch bei der Abschluss Besprechung noch einmal deutlich. Dabei ging es sowohl um den Huchtinger Marktplatz, wo keiner aus dem Bauressort wusste, wie die Gestaltung aussehen soll. Dies kann erst geschehen, wenn die Strecke gebaut wird bzw. wurde, so das Zitat eines Mitarbeiters aus der Baubehörde.
Auf die Nachfrage, wie die Wendschleife aussehen wird, und ob es einen Wertverlust von Eigentum gibt, wurde seitens einer Mitarbeiterin mitgeteilt, dass es in den Bereichen, wo eine Straßenbahnlinie gebaut wurde, es sogar zu einer Wertsteigerung der Immobilie gekommen ist. Ein Bürger wandte ein, dass sein Eigentum alleine nur durch die Ankündigung der Straßenbahnverlängerung einen Wertverlust von 20.000 Euro hat. Das sind wohl Einzelfälle und dazu kann ich mich nicht äußern, war die lapidare Antwort der jungen Mitarbeiterin. Diese Aussage brachte vor Empörung der Anwesenden zum lautstarken lachen.
Oftmals ging es auch immer wieder um die Kosten für den Linienausbau und dort kam auch zur Sprache, dass die Stadt Bremen Ihren Anteil besser in die Schulen stecken sollte. Über dritte haben wir erfahren, dass der Bund dafür Geld gibt, was der Wahrheit entspricht. Dieses Geld jedoch kann nur abgerufen werden, wenn die Stadt Bremen gewisse Straßenbahnstrecken baut. Wenn das stimmen sollte dann bedeutet das, das Bremen eine gewisse Trassenlänge benötigt.
Fazit der Veranstaltung:
Die Pläne des Bausenators weisen massive Lücken auf. So wurde gefragt wie denn der Busverkehr Richtung Friedhof Huchting laufen soll.
Es wird keinen Busverkehr Richtung Friedhof Huchting geben. Eine Wendeschleife kann dort auch nicht gebaut werden. Daher endet die Linie 58 am Roland Center. Da die Linie 1 aber durchfährt, werden weniger Menschen, die mit dem ÖPNV kommen, am Roland Center aussteigen um dort Besorgungen machen. Hier wurde darauf hingewiesen, dass das Roland Center vom Stadtteil abgehängt wird. Das wolle man noch mal prüfen und das Roland Center mit in die Planungen einbeziehen. Das erscheint mir persönlich etwas spät, schließlich sitzen doch ausgewiesene Fachleute bei den Behörden.
Linienverlauf laut Planung: Linie 57 wird eingestellt. Ab Endhaltestelle Brüsseler Straße verkehrt nur noch die Linie 58 bis Roland Center. Wer zum Friedhof möchte geht entweder ab Delfter Straße zu Fuß es gibt ja auch keine Senioren oder steigt am Roland Center in die Linie 204 Richtung Delmenhorst. Diese soll wohl alle 10 Minuten dann verkehren mal sehen wie lange das gemacht wird.
Nun der Hammer, der wieder alle im Saal zum Lachen brachte:
Die Linie 58 wird in Spitzenzeiten bis Flämische Straße verlängert und in der anderen Richtung über Friedhof Huchting bis Delfter Straße, so die Aussage von Herrn Polzin (Anm. mit Spitzenzeiten sind sowohl Schulbeginn als auch Schulende gemeint). Alle Huchtinger kamen aus dem Lachen nicht heraus und stellten da nur die Frage, warum dann eigentlich die Linie 1 Verlängert wird, wenn die Busse trotzdem, selbst außerhalb der Reihe, einen fast (Anm.: eine Haltestellte fehlt, nämlich Am Sodenmatt) Kreisverkehr durchführt, dann kann man den Ringbusverkehr auch belassen.
Eine Absage wurde erteilt das die Linie 1 im Kreis fahren soll, also bis Roland Center und dann wieder nach Osterholz. Die Baukosten sind zu hoch und würden sich wirtschaftlich nicht rentieren, war die Aussage von einem Mitarbeiter aus der Baubehörde. Es wird auch keinen Shuttlebus im Bereich Hermannsburg geben, das hätten die Bürger und der Beirat Huchting so beschlossen, war die Aussage von Herrn Ahrens, auf die Frage wie denn diese Bürger zur Linie 1 oder Roland Center kommen sollen. Diese Aussage ist schlichtweg falsch! Der Shuttlebus wurde seitens der BSAG wieder stillgelegt, und dass stand sogar in der Presse, da die Anschaffung von Shuttlebussen für das Gebiet zu teuer wäre und man dadurch keinen Gewinn habe.
Die Linie 52 wird Huchting entzogen und hält dann nur noch an der Solinger Straße. Dort sollen die Leute dann umsteigen, wenn Sie zum Flughafen oder nach Kattenturm-Mitte wollen. Grolland wird dadurch abgeschnitten, gerade für Leute, die auf den Rollstuhl angewiesen sind. Zwar wird es einen Fahrstuhl zur Norderländer Straße geben, jedoch kann auch dieser mal einen Defekt ausweisen, was schließlich bei den bereits vorhandenen Rolltreppen zum Alltag gehört.
Dieses Bürgerforum ist eine Farce sondergleichen. Eine echte Beteiligung seitens der Bürger in einer Demokratie was immer wieder betont wurde hat man dort vermisst. Es schien aber auch so, dass die Anwesenden Behördenmitarbeiter und auch Politiker Herr Lohse trat zum Schluss kurz auf auch nicht wirklich die Lust hatten sich mit den Bürger auseinander zu setzten. Es schien mir, als wenn es nur darum ging diese Linie einfach nur schnell zu bauen, und den Bürger außen vor zu lassen. Viele direkte und konkrete Fragen wurde gar nicht oder nur Ausweichend beantwortet. Das führen wir in den jeweiligen Gruppen aus, war die Standard Antwort.
Dieses Verhalten erinnert an die Schule: Schüler, stellt keine Fragen, haltet die Klappe, nehmt es hin! bzw. Das zu beantworten, würde den Rahmen des Unterrichts sprengen.
Mit Verlaub Herr Dr. Lohse, auch wenn Sie einen Dr. Titel tragen, berechtigt Sie das nicht die Menschen von oben herab zu behandeln, als wenn wir Bürger keine Ahnung haben. Auch wenn Sie einen Tag am Roland Center nach der Meinung der Bürger zur Verlängerung der Linie 1 (O-Ton Zitat) gefragt haben, sind Sie noch lange kein Kenner des Stadtteils Huchting und seines Sozialen Netzwerkes. Zudem haben Sie bestimmt nur zwei oder drei Stunden dort gestanden, nur mal so nebenbei.
Zudem hätte sich Herr Polzin den Stadtteil ebenfalls angesehen und auch die Kirchhuchtinger Landstraße. Die wäre ohne hin eine Katastrophe und wenn dort die Trasse gebaut wird, dann würden die Einzelhändler eine Bauzeit von drei Jahren nicht überstehen. Und die Linienverlängerung ist auch eine Möglichkeit den Stadtteil Stadtentwicklungstechnisch aufzuwerten. Außerdem wollte das Roland Center sich erweitern, aber das würde es nicht tun aufgrund der nicht vorhanden Verlängerung der Linie 1. Das grenzt schon an Nötigung: Entweder Ihr stimmt der Linienverlängerung zu, oder euer Stadtteil wird nicht mehr Weiterentwickelt und es gibt kein Geld dafür. Super Voraussetzungen für eine solche Demokratische Diskussion.
Wir müssen gemeinsam Lösungen finden auch wenn dazu Kompromisse gehören, so Herr Lohse. Und weiter: Sie kennen den Stadtteil natürlich besser wie wir, deshalb machen wir das mit Ihnen zusammen hier. Außerdem wolle er die Bürger und den Stadtteil nicht entzweien.
Sobald die Trasse gebaut ist und die Bahn Ihre runden fährt, gibt es Nord-Huchting und Süd-Huchting. Innerhalb eines Stadtteils muss man zwei oder gar dreimal (!) Umsteigen, um zum Friedhof Huchting oder zu Netto zu kommen, der dort dieses Jahr beim ehemaligen Edeka Ellermann baut. Das ist sozial, geographisch- und raumpolitischer Irrsinn.
Huchtinger Bürger, seid für euren Stadtteil da. Fragt nicht, was der Stadtteil für euch tun kann, sondern tut etwas für den Stadtteil. Eine solche Planung ist und darf nicht auf den Rücken von mehr als 30.000 Einwohnern stattfinden.
Das 3. Bürgerforum findet am 9. Juli 2012 statt, im BUS (Bürger- und Sozialzentrum Huchting) an der Amersfoorter Straße, ab 17:30 Uhr (laut Webseite Senator für Bau, Umwelt und Verkehr). Sollten noch weitere notwendig sein, werden weitere Termine angesetzt.
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